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Aktenzeichen Suchbegriff Datum der Entscheidung  

Urteil vom 22. Januar 2020, XI R 26/19 (XI R 5/17)

Über einen Betriebsfonds gezahlte Zuschüsse der EU zur Anschaffung von Investitionsgütern im Bereich der Landwirtschaft Entgelt von dritter Seite

ECLI:DE:BFH:2020:U.220120.XIR26.19.0

BFH XI. Senat

EWGRL 388/77 Art 11 Teil A Abs 1 Buchst a, EWGRL 388/77 Art 20, EWGRL 388/77 Art 27, UStG § 3 Abs 1, UStG § 3 Abs 12, UStG § 10 Abs 1 S 3, UStG § 10 Abs 2, EGV 2200/96 Art 11, KStG § 1 Abs 1 Nr 5, EGV 2200/96 Art 15

vorgehend FG Düsseldorf, 24. November 2016, Az: 1 K 2068/13 U

Leitsätze

Wenn eine Erzeugerorganisation i.S. von Art. 11 der VO Nr. 2200/96/EG bei Vorlieferanten Gegenstände kauft, diese Gegenstände an ihr angeschlossene Mitglieder weiterliefert und von diesen eine nicht den Einkaufspreis deckende Zahlung erhält, ist der Betrag, den ein Betriebsfonds i.S. des Art. 15 der VO Nr. 2200/96/EG an die Erzeugerorganisation für die Lieferung dieser Gegenstände an die Erzeuger zahlt, Teil der Gegenleistung für die Lieferung an die Erzeuger und daher als Entgelt von dritter Seite anzusehen (Nachfolgeentscheidung zum EuGH-Urteil C vom 09.10.2019 - C-573/18 und C-574/18, EU:C:2019:847, DStR 2019, 2202) .

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 25.11.2016 - 1 K 2068/13 U wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

  1. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine eingetragene Genossenschaft (eG), ist infolge Verschmelzung Rechtsnachfolgerin der M-eG.

  2. Die M-eG war in den Jahren 2002 und 2003 (Streitjahre) als Großhändlerin für Obst, Gemüse und Kartoffeln tätig, indem sie die von ihren Mitgliedern produzierten und an sie gelieferten Produkte vermarktete. Die M-eG war außerdem eine anerkannte Erzeugerorganisation i.S. der Verordnung (EG) Nr. 2200/96 des Rates vom 28.10.1996 über die gemeinsame Marktorganisation für Obst und Gemüse (VO Nr. 2200/96).

  3. Nach Art. 15 der VO Nr. 2200/96 können derartige Erzeugerorganisationen einen sog. Betriebsfonds einrichten. Dieser Fonds ist ein Zweckvermögen des privaten Rechts i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 5 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG), das sich je zur Hälfte aus Beiträgen der in der Erzeugerorganisation zusammengeschlossenen Erzeuger und der finanziellen Beihilfe i.S. des Art. 15 Abs. 1 der VO Nr. 2200/96 (finanzielle Beihilfe) finanziert. Mit den Mitteln des Betriebsfonds können sog. operationelle Programme, die den zuständigen innerstaatlichen Behörden vorgelegt und von diesen genehmigt werden müssen (Art. 15 Abs. 2 Buchst. b, Art. 16 Abs. 1 der VO Nr. 2200/96), ausgeführt werden. Inhalt von operationellen Programmen können u.a. Investitionen in Einzelbetrieben von Mitgliedern der Erzeugerorganisation sein (Art. 8 Abs. 2 Buchst. o der Verordnung (EG) Nr. 609/2001 der Kommission vom 28.03.2001 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 2200/96 des Rates hinsichtlich der operationellen Programme, der Betriebsfonds und der finanziellen Beihilfe der Gemeinschaft sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 411/97 ‑‑VO Nr. 609/2001‑‑; Art. 8 Abs. 2 i.V.m. Anhang I Ziffer 17 der Verordnung (EG) Nr. 1433/2003 der Kommission vom 11.08.2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 2200/96 des Rates hinsichtlich der Betriebsfonds, der operationellen Programme und der finanziellen Beihilfe ‑‑VO Nr. 1433/2003‑‑). Die Beiträge der Erzeuger wurden in den Streitjahren in der Weise erbracht, dass alle Mitglieder der M-eG 3 % ihrer Umsatzerlöse in den Betriebsfonds einzahlten. Diesen Betrag behielt die M-eG bei jeder Anlieferung ein.

  4. Für Investitionen in Einzelbetrieben schloss die M-eG mit den jeweiligen Erzeugern Anschaffungs- und Nutzungsverträge (Vertrag). Diese lauten auszugsweise wie folgt:

  5. "§ 2 Gegenstand

      

    [Die M-eG] und [der] Erzeuger vereinbaren den gemeinsamen Erwerb des Vertragsgegenstands ... zu gleichen Teilen auf der Grundlage der VO (EG) 2200/96 ... im Rahmen des Projekts ...

      

    Die Vertragspartner sind Miteigentümer zu gleichen Teilen.

       
      

    § 3 Zahlung

      

    Die Investitionssumme beläuft sich auf ca. ... (excl. MwSt).

      

    Der Erzeuger erbringt seinen vorläufigen, hälftigen Anteil an der Investitionssumme in Höhe von ... als Vorausleistung an [die M-eG] ...

      

    Die Rechnungslegung des Lieferanten erfolgt an [die M-eG]. Die [M-eG] belastet nach erfolgter Lieferung und Rechnungslegung des Lieferanten den hälftigen Anteil des Erzeugers an diesen weiter. Danach erfolgt Restzahlung des Erzeugers unter Anrechnung der Vorausleistung ...

       
      

    § 9 Verpflichtungserklärung

      

    Der Erzeuger verpflichtet sich, für die Dauer der Zweckbindungsfrist, mindestens jedoch für einen Zeitraum von 10 Jahren ab Vertragsbeginn, seine Produkte als Mitglied [der M-eG] (oder deren Rechtsnachfolgerin) … anzudienen.

      

    Im Falle der Zuwiderhandlung ist der Erzeuger schadensersatzpflichtig hinsichtlich der für die Restlaufzeit entgangenen Erträge (Vermarktungsgebühr; Benutzungsgebühren etc.). Die Bemessungsgrundlage dafür errechnet sich aus den Umsätzen und Steigenbewegungen im Durchschnitt der letzten drei vollen Kalenderjahre vor Eintritt des Ereignisses.

       
      

    § 10 Zweckbindungsfrist

      

    Die Zweckbindungsfrist zur Nutzung des Gegenstands beläuft sich auf 5 Jahre für bewegliche Wirtschaftsgüter und Dauerkulturen und auf 12 Jahre für unbewegliche Wirtschaftsgüter (z.B. Gebäude). Die Zweckbindungsfrist beginnt mit dem Tag der Fertigstellung bzw. der ersten Nutzung.

       
      

    § 11 Eigentumsübergang

      

    Nach Ablauf der Zweckbindungsfrist überträgt [die M-eG] ihren Miteigentumsanteil unentgeltlich auf den Erzeuger."

  6. Die Bestellung des jeweiligen Vertragsgegenstands erfolgte durch die M-eG; ihr gegenüber stellten die Lieferanten der Vertragsgegenstände (Vorlieferanten) Rechnungen aus. Die M-eG stellte dem Erzeuger 50 % ihrer Nettoanschaffungskosten zzgl. Umsatzsteuer in Rechnung. Die restlichen 50 % der Anschaffungskosten wurden vom Betriebsfonds gezahlt. Nach Ablauf der Zweckbindungsfrist übertrug die M-eG ihren Miteigentumsanteil an dem Vertragsgegenstand vertragsgemäß unentgeltlich auf den Erzeuger.

  7. Die M-eG machte in ihren Umsatzsteuererklärungen für das Jahr 2002 vom 22.10.2003 und für das Jahr 2003 vom 27.10.2004 aus den Lieferungen der Vorlieferanten den vollen Vorsteuerabzug geltend. Die vom Betriebsfonds gezahlten Beträge sah sie nicht als Entgelt für Lieferungen an die Erzeuger an.

  8. Nach einer Außenprüfung bei der Klägerin vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) in den Umsatzsteuer-Änderungsbescheiden für die Streitjahre vom 01.02.2013 die Auffassung, die M-eG habe den jeweiligen Erzeugern von vornherein die Verfügungsmacht an dem gesamten Vertragsgegenstand (und nicht nur hinsichtlich des hälftigen Anteils) verschafft und damit eine Lieferung ausgeführt; denn die Lieferung und Inbetriebnahme des Vertragsgegenstands erfolge unmittelbar an bzw. durch den Erzeuger. Es handele sich zwar bei den finanziellen Beihilfen an den Betriebsfonds um einen nicht steuerbaren Zuschuss. Auf die Ausgangsumsätze der M-eG an die jeweiligen Erzeuger sei jedoch die Mindestbemessungsgrundlage des § 10 Abs. 5 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) anzuwenden. Einkaufspreis der M-eG seien die an die Vorlieferanten gezahlten (Netto-)Beträge. Der Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 14.05.2013).

  9. Das Finanzgericht (FG) Düsseldorf wies die Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2017, 517 veröffentlichten Urteil vom 25.11.2016 - 1 K 2068/13 U ab. Es nahm an, das FA sei im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Bemessungsgrundlage für die im Rahmen der operationellen Programme ausgeführten Lieferungen an die Erzeuger nicht nur das von jenen gezahlte Entgelt umfasse. Dies ergebe sich allerdings nicht aus § 10 Abs. 5 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 UStG (Mindestbemessungsgrundlage), sondern aus § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG. Die Zahlungen aus dem Betriebsfonds in Höhe von 50 % der Anschaffungskosten des jeweiligen Vertragsgegenstands seien Entgelte von dritter Seite.

  10. Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts. Die von der Europäischen Union (EU) an die M-eG gezahlten Zuschüsse dienten nach den VO Nr. 2200/96, VO Nr. 609/2001 und VO Nr. 1433/2003 strukturpolitischen und umweltpolitischen Zielen. Auch Investitionen in Einzelbetriebe seien Teil der "nationalen Strategie für nachhaltige operationelle Programme der Erzeugerorganisation für Obst und Gemüse".

  11. Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil und die Einspruchsentscheidung vom 14.05.2013 aufzuheben, sowie die Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre vom 01.02.2013 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer für das Jahr 2002 um ... € und die Umsatzsteuer für das Jahr 2003 um ... € niedriger festgesetzt wird.

  12. Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

  13. Der erkennende Senat hat mit Beschluss vom 13.06.2018 - XI R 5/17 (BFHE 262, 233) den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) um Vorabentscheidung folgender Fragen ersucht:

  14. "1. Ist unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens, in denen eine Erzeugerorganisation im Sinne des Art. 11 Abs. 1, Art. 15 der Verordnung (EG) Nr. 2200/96 des Rates vom 28. Oktober 1996 über die gemeinsame Marktorganisation für Obst und Gemüse (VO Nr. 2200/96) an die ihr angeschlossenen Erzeuger Gegenstände liefert und hierfür von den Erzeugern eine nicht den Einkaufspreis deckende Zahlung erhält,

      
      

    a) vom Vorliegen eines Tauschs mit Baraufgabe auszugehen, weil sich die Erzeuger im Gegenzug für den Umsatz gegenüber der Erzeugerorganisation vertraglich verpflichtet haben, die Erzeugerorganisation für die Dauer der Zweckbindungsfrist mit Obst und Gemüse zu beliefern, so dass Besteuerungsgrundlage des Umsatzes der von der Erzeugerorganisation an die Vorlieferanten gezahlte Einkaufspreis für die Investitionsgüter ist?

      
      

    b) der Betrag, den tatsächlich der Betriebsfonds für den Umsatz an die Erzeugerorganisation zahlt, in voller Höhe eine 'unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängende Subvention' im Sinne des Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG), so dass die Besteuerungsgrundlage auch die finanzielle Beihilfe im Sinne des Art. 15 der VO Nr. 2200/96 umfasst, die dem Betriebsfonds aufgrund eines operationellen Programms von den zuständigen Behörden gewährt worden ist?

      
      

    2. Falls nach der Antwort auf Frage 1 als Besteuerungsgrundlage nur die von den Erzeugern geleisteten Zahlungen, nicht aber die Lieferverpflichtung und die finanzielle Beihilfe anzusetzen sind: Steht unter den in Frage 1 genannten Umständen Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG einer auf Art. 27 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG gestützten nationalen Sondermaßnahme wie § 10 Abs. 5 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes entgegen, nach der die Besteuerungsgrundlage der Umsätze an die Erzeuger der von der Erzeugerorganisation an die Vorlieferanten gezahlte Einkaufspreis für die Investitionsgüter ist, weil die Erzeuger nahestehende Personen sind?

      
      

    3. Falls die Frage 2 verneint wird: Gilt dies auch dann, wenn die Erzeuger zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt sind, weil die Investitionsgüter der Berichtigung der Vorsteuerabzüge (Art. 20 der Richtlinie 77/388/EWG) unterliegen?"

  15. Der EuGH hat mit Urteil C vom 09.10.2019 - C-573/18 und C-574/18 (EU:C:2019:847, Deutsches Steuerrecht ‑‑DStR‑‑ 2019, 2202) Folgendes geantwortet:

  16.    

    "Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG … ist dahin auszulegen, dass unter Umständen wie denen der Ausgangsverfahren, in denen eine 'Erzeugerorganisation' im Sinne von Art. 11 der [VO] Nr. 2200/96/EG … bei Vorlieferanten Gegenstände kauft, diese Gegenstände an die ihr angeschlossenen Mitglieder liefert und von diesen eine nicht den Einkaufspreis deckende Zahlung erhält, der Betrag, den ein Betriebsfonds, wie er in Art. 15 dieser Verordnung vorgesehen ist, an diese Erzeugerorganisation für die Lieferung dieser Gegenstände an die Erzeuger zahlt, zur Gegenleistung für diese Lieferung zählt und als von einem Dritten gezahlte, unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängende Subvention anzusehen ist."

Entscheidungsgründe

II.

  1. Die Revision ist unbegründet; sie ist daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das FG hat zu Recht entschieden, dass der Betrag, den der Betriebsfonds an die M-eG für die Lieferung der Gegenstände an die Erzeuger gezahlt hat, zur Gegenleistung für diese Lieferung zählt.

  2. 1. Die Beteiligten und das FG gehen zu Recht übereinstimmend davon aus, dass die M-eG die jeweiligen Vertragsgegenstände bereits in den Streitjahren an die betreffenden Erzeuger geliefert (und diesen nicht nur einen hälftigen Miteigentumsanteil übertragen) hat (vgl. allgemein Urteile des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 16.04.2008 - XI R 56/06, BFHE 221, 475, BStBl II 2008, 909; vom 24.10.2013 - V R 17/13, BFHE 243, 456, BStBl II 2015, 513; EuGH-Urteil Mercedes-Benz Financial Services UK vom 04.10.2017 - C-164/16, EU:C:2017:734, DStR 2017, 2215, Rz 33 und 34). Diese Lieferungen erfolgten ‑‑was zwischen den Beteiligten unstreitig ist‑‑ gegen Entgelt (vgl. FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21.08.2012 - 6 K 1193/10, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2013, 1047; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 14.01.2015 - 14 K 975/13, juris, jeweils zu Fällen der Nutzungsüberlassung).

  3. 2. Zu Recht hat das FG auch angenommen, dass nach § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG (vgl. BFH-Urteile vom 18.02.2016 - V R 46/14, BFHE 253, 421, Rz 20 f.; vom 10. August 2016 XI R 41/14, BFHE 255, 300, BStBl II 2017, 590, Rz 50, m.w.N.) zum Entgelt für diese Lieferungen nicht nur die den Erzeugern in Rechnung gestellten Beträge, sondern auch die Zahlungen aus dem Betriebsfonds gehören (gl.A. Tehler in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 10 Rz 158 "EU-Zuschüsse").

  4. Bei den Zahlungen des Betriebsfonds an die M-eG handelte es sich um Zahlungen eines Dritten und nicht um die Umschichtung eigener Finanzmittel, da der Betriebsfonds nach nationalem Recht (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG, § 2 UStG) als Zweckvermögen körperschaftsteuerpflichtig ist und auch umsatzsteuerrechtlich rechtsfähig sein kann (vgl. dazu auch Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 13.06.1997, Der Betrieb 1997, 1952, unter III.; in den Streitjahren: Verfügung der Oberfinanzdirektion ‑‑OFD‑‑ Hannover vom 24.01.2001, Umsatzsteuer-Rundschau ‑‑UR‑‑ 2001, 221; jetzt: Verfügung der OFD Niedersachsen vom 12.04.2016, UR 2016, 726). Es handelt sich um ein zweckgebundenes Vermögen, über das die M-eG nicht frei verfügen konnte, sondern das nur zu den in Art. 15 Abs. 2 der VO Nr. 2200/96, Art. 3 der VO Nr. 609/2001, Art. 5 der VO Nr. 1433/2003 genannten Zwecken eingesetzt werden durfte. Dass die Zahlungen der EU an den Betriebsfonds (nach übereinstimmender Auffassung der Beteiligten und des FG) der Förderung der Allgemeinheit dienen, ändert ‑‑entgegen der in der mündlichen Verhandlung bekräftigten Ansicht der Klägerin‑‑ an der unmittelbaren Verknüpfung der Zahlung aus dem Betriebsfonds, die das FG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise aus dem Vertrag der M-eG mit den jeweiligen Erzeugern abgeleitet hat, nichts.

  5. 3. Unionsrechtliche Zweifel an dieser Beurteilung bestehen nach dem EuGH-Urteil C (EU:C:2019:847, DStR 2019, 2202, Rz 36 ff.) nicht. Der EuGH hat angenommen, dass die Zahlungen aus den Betriebsfonds an die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Erzeugerorganisationen für die Lieferung von Investitionsgütern geleistet wurden und den betroffenen Erzeugern zugutekamen (Rz 36). Es bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Lieferung dieser Gegenstände und der tatsächlich erhaltenen Gegenleistung (Rz 37). Die Zahlungen aus den Betriebsfonds seien "Subventionen" von "einem Dritten" i.S. von Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG, denn die Betriebsfonds seien rechtsfähig und die betreffende Erzeugerorganisation dürfe das Vermögen dieser Fonds nicht zu persönlichen Zwecken nutzen (Rz 38). Diese Auslegung gewährleiste außerdem die Wahrung der steuerlichen Neutralität (Rz 39).

  6. 4. Nachdem der EuGH die ihm dazu gestellte Vorlagefrage zum Vorliegen eines tauschähnlichen Umsatzes nicht beantwortet hat, kann der Senat angesichts des im finanzprozessualen Verfahren aus § 121 Satz 1 i.V.m. § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO folgenden Verböserungsverbots (Verbot der reformatio in peius, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 27.03.2019 - I R 20/17, BFHE 265, 44, Rz 19; vom 03.04.2019 - VI R 15/17, BFHE 264, 24, BStBl II 2019, 446, Rz 25; vom 22.05.2019 - XI R 1/18, BFHE 264, 529, Rz 49) offen lassen, ob der Umstand, dass die Erzeuger für die Lieferung neben der Pflicht zur Zahlung ihres Anteils in § 9 des Vertrages die Verpflichtung eingegangen sind, die M-eG während des Investitionszeitraums, mindestens aber für zehn Jahre, mit Obst und Gemüse zu beliefern, dazu führt, dass ein Tausch mit Baraufgabe vorliegt (vgl. dazu BFH-Beschluss in BFHE 262, 233, unter II.2.).

  7. 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.



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